Konzert in Düsseldorf: Beyoncé begeistert mit Spektakel im Super-Bowl-Stil

Beyoncé gab in Düsseldorf am Dienstag ein überwältigendes Konzert. Der 34-jährige Superstar spielte in zwei Stunden 34 Songs auf einer gigantischen Bühne.
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Beyoncé gab in Düsseldorf am Dienstag ein überwältigendes Konzert. Der 34-jährige Superstar spielte in zwei Stunden 34 Songs auf einer gigantischen Bühne.

Es war so schön, als Beyoncé den Faden verlor. Sie hatte „Daddy Lessons“ gespielt, als plötzlich hunderte Fans Luftballons in den Händen hielten. Beyoncé wusste von der Aktion offenbar nichts, jedenfalls fragte sie nach dem Song, wo die Ballons denn herkämen, und sie war dabei sichtlich gerührt, und nun flippten alle völlig aus.

Sie sang anschließend „Love On Top“ ohne Begleitung der Band, aber das ganze Stadion sang mit, und als sie ihre Einlage beenden wollte, hatte sich der Chor verselbstständigt. „No, no, no“, rief Beyoncé, aber das half auch nichts mehr. Nach anderthalb Stunden war das, und bis dahin zeigte sie den 36.500 Gästen in der Düsseldorfer Arena, was auf Konzertbühnen heutzutage alles möglich ist. Es war eine Höchstleistungsschau der Popmusik.

Begonnen hatte der Abend mit Musik vom Band. Beyoncé hatte Songschnipsel von Michael Jackson, Oasis und Queen vorbereiten lassen. Auf der Bühne war bereits ein Videowürfel zu sehen, der auch gar nicht zu verdecken gewesen wäre, weil er vom Boden bis unter die Decke reichte, und nachdem nun die Hits der jüngeren Musikgeschichte abgelaufen waren, flackerte der Klotz rot-weiß und begann zu rotieren.

Man sah Beyoncé zunächst nur auf der Leinwand, dann fuhr sie aus dem Bühnenboden, und die Pophistorie erreichte damit die Gegenwart. Sie spielte „Formation“, ihren Beitrag zur Rassismusdebatte in den USA, einen ihrer jüngsten Hits. Und dass der Sound einem zumindest mal auf dem Unterrang während der ersten Songs ganz schön um die Ohren pfiff, war dann auch egal. Weil sie nun endlich da war.

Ihren Auftritt hatte sie mit großem Tamtam vorbereitet. Im Februar war sie beim Super Bowl aufgetreten, beim Endspiel der American-Football-League, und hatte mächtig Wirbel gemacht, weil sie wie die Black Panther uniformiert war. Noch am selben Abend kündigte sie in dem Trubel ihre Welttournee an. Im April stellte sie ein neues Album ins Internet, „Lemonade“, diesmal unangekündigt, und sie spielte darauf längst nicht mehr nur R’n’B, sondern auch Rap und Soul und Country.

Die Scheibe ging auf Platz eins der US-Hitparaden, wie auch ihre vorherigen fünf, das ist Rekord. Tourstart war Ende April in Miami, und nun ist sie in Europa angekommen, ihr Auftritt in Düsseldorf war der erste von nur zwei Deutschland-Terminen.

Im Stadion roch es nach Parfum und teuren Cocktails in Plastikbechern. Gekommen waren Jungen und Mädchen, die sich ganz besonders schick gemacht hatten, so als gingen sie noch in die Diskothek, in eine von denen die „Residenz“ heißen oder irgendwas mit „Lounge“. Frauen in Stilettos und Männer mit Muskelshirts saßen im Publikum. Eine trug ein ärmelloses Shirt auf dem stand: „Don’t worry be yoncé“. Ähnlich findig war vor ein paar Jahren ein Designer, der gleich die französische Revolution anzitierte. Aus Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wurde „Liberté, Egalité, Beyoncé“. Der Männerbund war gestrichen.

Auch in Düsseldorf waren mit der Sängerin nur Frauen auf der Bühne, 16 Tänzerinnen zuweilen, Musikerinnen im Hintergrund. Mit den Tänzerinnen unternahm sie Ausflüge auf eine zweite Bühne in der Stadionmitte, die sie über einen langen Steg erreichten, auf dem Fließbänder montiert waren. Später sang die 34-Jährige dort „Freedom“ und ließ die Ausweichbühne mit Wasser fluten – was immer das sollte, es war ein toller Trick. Insgesamt kam die Sängerin auf 34 Songs, von den ganz neuen bis „Me, Myself and I“ von 2003.

Voller Körpereinsatz

Viele Lieder aber spielte sie nur an und nur die wenigsten bis zum Schluss. Pausenlos war sie in Bewegung, das zerrte allein beim Zusehen an den Kräften. Darüber konnte man glatt vergessen, wie gut Beyoncé eigentlich singen kann. Sie gab dann „Irreplaceable“ ohne Musik. Dann wusste man das wieder.

Jeder Schritt schien auf die Sekunde abgestimmt, das erste Feuerwerk ging schon beim fünften Song, „Bow Down“, hoch; fünf Mal wechselte sie in zwei Stunden die Kleider. Und dann dieser Videowürfel! In drei Dimensionen war die Sängerin in Düsseldorf präsent. Einmal in echt, als überlebensgroße Abbildung auf der Leinwand und auf einer anderen immer noch in Porträtaufnahmen – das Ding drehte sich ja. Zuletzt war häufig von „Empowerment“ die Rede, wenn sich Akademiker über Beyoncé Gedanken machten. Aber mit Selbstermächtigung hatte das nichts mehr zu tun. Prozess abgeschlossen. Das war nur noch Macht.

Politisch wurde die Sängerin an diesem Konzertabend nur in den Songs, anders als noch bei ihrem Auftritt in Glasgow am vergangenen Donnerstag verzichtete sie darauf, die Namen Dutzender schwarzer US-Amerikaner einzublenden, die mutmaßlich durch Polizei-Schüsse ums Leben kamen. Kurz vor Schluss, bei „Survivor“, einem Song ihrer ganz alten Band Destiny’s Child, reckte sie die Faust, und man dachte gleich, nun lassen also doch noch die Black Panther grüßen. Aber dann bat Beyoncé, man solle es ihr gleichtun, alle, die sich schon mal durchgeboxt haben, weil sie den Job verloren haben oder vielleicht auch die Liebe.

„Halo“ war der letzte Song, es waren exakt zwei Stunden vergangenen, und die Sängerin tat gut daran, noch einmal ihrem gesamten Mitarbeiterstab zu danken. Sie verschwand, wie sie gekommen war, im Bühnenboden. Sie war wieder ganz bei sich.